Geschichte des Sommerhauses

Ganz früher...

Das Sommerhaus ist ein denkmalgeschütztes Fachwerkhaus. Als sogenanntes Pfarrwitwenhaus wurde es 1875 erbaut und sollte den Witwen verstorbener Pfarrer ein neues Zuhause bieten. Seit der Reformation verbreitete sich vor allem in Mecklenburg und Pommern die Unsitte, dass der Nachfolger des Verstorbenen dessen Witwe oder Tochter heiratete, was noch bis ins 19. Jahrhundert so gehandhabt wurde. Doch Ende des 17. Jahrhunderts griffen allmählich Massnahmen zur Beendigung der sogenannten „Konservierung der Pfarrwitwen“ – es entstanden Stiftungen, Witwenkassen und vermehrt Pfarrwitwenhäuser, die den Witwen und deren Familien die Lebensgrundlage sicherten.

Unser Haus ist mitsamt dem Grundstück und dem Stall dahinter zweigeteilt: in der Mitte verläuft eine gedachte Linie und alles ist wie ein Rorschachtest aufgeklappt und gespiegelt. Jede Witwe hatte eine Wohnung, einen Stall für Schwein, Hühner, Holz und einen Teil Land zur Selbstversorgung zur Verfügung.

 

Vor einigen Jahren...

Ob jemals Pfarrwitwen in unserem Haus lebten, wissen wir nicht. Es ging von der Kirche an die Gemeinde über, von dieser an Privatpersonen, es folgten Vermietungen, Erbengemeinschaften, Zwangsversteigerung, Leerstand. Ein weit verbreitetes Schicksal alter Häuser. Im Februar 2020 haben wir das Haus gekauft, begannen mit der Sicherung und Entrümpelung, entfernten Styropor, Asbest, Laminat, Tapeten, Wände…

 

 

Beginn der Renovierung

Ende Mai 2021 ging es dann endlich mit Renovierung und Wiederaufbau los. Leider hatten falsche Baustoffe und fehlende Zuwendung zu vieles zerstört und der Plan, alles zu lassen und nur wenig zu verändern, ging nicht auf. Nachdem wir alles, was nicht ins Haus gehörte und alle kaputten Teile entfernt hatten, war klar, dass ab diesem Zustand auch gleich eine "richtige" Sanierung Sinn machte.

Die Schwelle auf der Gartenseite musste komplett erneuert werden. Jemand hatte vor Jahren Beton von innen dagegen geschüttet, sodass Feuchtigkeit nicht entweichen konnte. In der Folge zerfiel das Holz zu Erde, die Reste haben wir mit der Schaufel abgetragen. Durch das undichte Dach waren Balken und Balkenköpfe marode, Teile der Decke mussten entfernt werden. Die Fassade wurde verfugt, die Wände mussten gedämmt, eine sinnvolle Beheizung gefunden und installiert werden. Neue Fenster mussten her, Haustüren aufgearbeitet werden.

Die Elektrik war abenteuerlich. Wasserleitungen gab es kaum.

Die Hälfte des Hauses hatte nach der Entfernung des Betons nur noch Sandböden, durch die wir mehr als ein Jahr lang stapften. Den Boden mussten wir hier komplett neu aufbauen.

 

Nachhaltig und ökologisch

Das Haus ist heute konsequent mit "alten" und ökologischen Baustoffen renoviert. Bei der Renovierung wollten wir von Anfang so viel erhalten und wiederverwenden, wie nur möglich. Für Neues orientierten wir uns an den historischen Materialien, die sowieso im Haus verbaut waren: Holz, Lehm, Kalk. Wir haben uns durch Bücher und Blogs gelesen, mit vielen Menschen gesprochen, ausprobiert. Ich war im Archiv in Schwerin, wo ich die Original Bauzeichnung und Ausschreibung gefunden habe. Was für ein Schatz! Das halbe Architekturstudium und die Mama haben auch weitergeholfen - so wurden der Weg und die Lösungen immer klarer.

Wir wollten ohne Beton und Plastik bauen. Also auch die Gebäudeteile, die heute so selbstverständlich mit Beton ausgeführt werden, wie zb die Fussböden. Wir entschieden uns für einen Kalkestrich, eine Mischung aus Kalk, Ziegelsand und Ziegelschotter. Im ersten Raum fiel er noch etwas körnig aus, jetzt aber können wir ihn gut ausführen.

Für den neuen Fussbodenaufbau haben wir den Sandboden mit Jute ausgelegt, mit Glasschaumschotter gefüllt und verdichtet. Auf den Schotter kam ein Kalkestrich und darauf Dielen, bzw in den Küchen und Fluren Ziegel in Kalkmörtel – wie 1875 auch. Die vorhandenen Dielen haben wir erhalten und den Hohlraum darunter (sie liegen zum Glück nicht im Sand, sondern auf einer Kalkschicht) mit Korkschrot ausgeblasen. Diese Lösung fühlt sich jetzt so einfach an, aber es dauerte, sie zu finden - und dann vor allem noch jemanden, der uns half, sie umzusetzen! Das Holz soll möglichst nur gesäubert, nicht komplett abgeschliffen werden, damit es nicht wie neu aussieht. Wo Dielen fehlen, werden sie ersetzt.

Die Dämmung der Wände haben wir mit Kalkhanfsteinen umgesetzt. Sie wurden vor das Fachwerk gemauert und der Hohlraum mit Hanfkalk hinterfüllt. Auf die Steine kam eine Wandheizung, die im Kalkputz verschwindet. Geheizt wird mit Erdwärme. Die übrigen Innenwände und Decken haben wir wieder mit Lehm verputzt. Lehmsteine und auch Lehmputz können wunderbar wiederverwendet werden und sind auch für AnfängerInnen leicht zu verarbeiten.

Das Dach dämmen wir aus Zeit- und Kostengründen erst in ein paar Jahren. Der Denkmalschutz erlaubt nur eine Zwischensparrendämmung, dafür bieten sich Stroh oder Zellulose zum Einblasen an.

 

        

Naturnaher Garten

Mit dem Sandaushub aus dem Haus habe ich ein Sandbeet angelegt. Schutt habe ich zu einem Hügel aufgeschüttet und bepflanzt. Beides sind wunderschön blühende nährstoffarme Standorte. Das Grundstück wird langsam in einen naturnahen Garten verwandelt. Heimische Wildpflanzen, eine Hecke aus Wildsträuchern, Totholzecken, ein zukünftiger Versickerungsteich bieten Insekten, Vögeln, Igeln & Co vielfältige Nahrung- und Lebensräume. Hier wird kein Torf verwendet, kein künstlicher Dünger. Bewässert wird fast nur im Gemüsegarten. Versiegelte Flächen und nächtliche Beleuchtung gibt es nicht. Es blüht und summt an allen Ecken.

 

    

 

Links zu für uns wichtigen Menschen und Orten

Restaurierung & Kunsthandwerk. Wandgestaltungen & Workshops mit ökologischen Materialien:

Nora Hauptvogel

Ökologische Baustoffe und alles drum herum:

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